Philipp Neri – der humorvolle Heilige (1515 – 1595)
Gedenktag: 26. Mai
„Es sind die Gesetze des Evangeliums und die Gebote Christi,
die zur Freude und zum Glück führen,
und darin besteht die Wahrheit,
die Philipp bei seiner täglichen apostolischen Arbeit
der Jugend verkündete.
Er stütze sich dabei vor allem
auf den durch das häufige Gebet erreichten
familiären und täglichen Umgang mit Gott.“
(Papst Johannes Paul II.
zum 400. Todestag des Heiligen Philipp Neri
am 7. Oktober 1994)
1. Philipp – mit sonnigem und gelehrigem Charakter
Es war eine Umbruchszeit in der Kirche des 16. Jahrhunderts. Einerseits entfaltete sie ihre Macht und Pracht unter den Renaissance-Päpsten (1506 begann man mit dem Bau des Petersdoms in Rom), andererseits gab es große Missstände und religiöse Verwahrlosung, die zu einer „Höllenangst“ bei vielen Menschen führten.
1517 begann in Deutschland mit dem Thesenanschlag Luthers gegen den Ablasshandel eine Erneuerungsbewegung, die schließlich zur Trennung von der römisch-katholischen Kirche führte.
Zur gleichen Zeit wurden auch Persönlichkeiten geboren, die zu einer Erneuerung innerhalb der katholischen Kirche maßgeblich beitrugen –
einer von ihnen war Philipp Neri (Filippo Romolo Neri).
Philipp wurde am 21. Juli 1515 als zweites der vier Kinder des Notars Francesco Neri in Florenz geboren. Seine Mutter Lucrezia starb, als er fünf Jahre alt war. Alessandra, die der Vater bald danach geheiratet hatte, umsorgte das Kind mit besonderer Zuneigung. Philipp, zeichnete sich durch einen sonnigen und gelehrigen Charakter aus. Er besuchte die Schule der Dominikaner im Markuskloster, wo er von einem zweifachen Einfluss geprägt wurde: zum einen von der Schönheit der Kunst – dank der Wandmalereien des seligen Frau Angelico, zum anderen von der Person des Dominikaners Savonarola, der die Stadt rund 30 Jahre zuvor in Aufruhr versetzt hatte. Von diesem übernahm Philipp eine brennende Liebe zu Jesus sowie den Ruf zur Umkehr, wobei er allerdings im Gegensatz zu Savonarola stets Augenmaß und Milde bewahrte.
Als Jugendlicher im Internat kam er oft zu spät,
weil er nicht aus dem Bett kam.
Sein Erzieher ermahnte ihn:
„Wenn es läutet, stell dir vor, du bist im Fegefeuer und Gott ruft dich.“
Am nächsten Tag war er wieder verspätet
und seinem Präfekten erklärte er das so:
„Ja, ich dachte an das Fegefeuer.
Dann aber sagte ich zu mir selbst:
Du hast schon so viele Dummheiten gemacht,
du musst wohl länger im Fegefeuer bleiben –
und da bin ich liegen geblieben.“
Nach der Plünderung von Florenz durch kaiserliche Landsknechte im Jahr 1530 kam der 16 jährige Philipp zu einem Verwandten, der als Stoffhändler zu Wohlstand gelangt war. Sein Leben war nun mit Kalkulationen zum Stoff- und Tuchhandel ausgefüllt, da zählte allein der Gewinn. Bald fragte sich Philipp verunsichert, ob man bei so viel Armen im Land überhaupt so viel Geld anhäufen dürfe.
Durch die Nähe von Montecassino hatte er gute Kontakte zu den dortigen Benediktinern. Unter ihrem Einfluss reifte sein Entschluss, Christus in die Gassen Roms – „das Kalkutta des 16. Jahrhunderts“ – zu folgen.
„Mein Jesus, ich möchte dir dienen, und finde den Weg nicht.
Ich möchte das Gute tun, und finde den Weg nicht.
Ich möchte dich finden, und finde den Weg nicht.
Ich möchte dich lieben, und finde den Weg nicht.
Ich kenne dich doch nicht, mein Jesus, weil ich dich nicht suche.
Ich suche dich, und ich finde dich nicht.
Komm zu mir, mein Jesus.
Ich werde dich niemals lieben, wenn du mir nicht hilfst, mein Jesus.
Zerschneide meine Fesseln, wenn du mich haben willst.
Jesus, sei mir Jesus.“
(Philipp Neri)
2. Philipp – auf der Suche nach Christus in den Gassen Roms
Mit 19 Jahren ging er 1533 mittellos nach Rom – Hier fand er Unterschlupf beim Leiter des päpstlichen Zolls, der auch aus Florenz stammte und dessen beide Söhne Philipp gegen Kost und Logis in den nächsten 16 Jahren als Hauslehrer erzog. Er führte ein asketisches Leben in dieser „verrufenen“ Stadt Rom, die sich nur mühsam von den Verwüstungen der schrecklichen Plünderung von 1527 erholte. Philipp durchstreifte die Gassen und nutzte die Nähe der päpstlichen Universität La Sapienza und begann Philosophie und Theologie zu studieren.
Er traf auch öfters mit Ignatius von Loyola, der einst Offizier gewesen war, und dessen ersten Gefährten zusammen; kurze Zeit lang erwog er sogar, sich ihnen anzuschließen. Doch dessen Bestreben, alles gewissenhaft zu ordnen und seine Disziplin waren so ganz anders als es dem sonnigen Charakter Philipps entsprach.
Als Philipp Neri einmal gefragt wurde, was er tue,
wenn er einmal nicht wisse, welche Entscheidung er treffen sollte,
antwortete der populäre Heilige schlagfertig:
„Ich stelle mir vor, was jetzt Ignatius täte.
Und dann tue ich das Gegenteil.“
Die Kirche hatte auch Humor,
als sie die beiden so ungleichen Heiligen 1622 gleichzeitig heilig sprach.
Oft ging er in die Hospitäler und kümmerte sich um Kranke, Arme und mittellose Pilger.
Schon bald brach er sein Studium ab, verkaufte all seine Bücher, außer der Bibel, um sich – als Streetworker – ganz den armen Menschen auf den Straßen Roms zu widmen und sie religiös zu unterweisen. Er erkannte, dass sie vor allem liebevolle Zuwendung brauchten.
Bei all seinem caritativen Tun suchte er immer wieder die Einsamkeit mit Gott. Seine freie Zeit verbrachte er beim Gottesdienst und im Gebet; ganze Nächte lang verharrte er betend immer wieder in den römischen Katakomben, den Grabstätten der frühen Christen, unter ihnen viele Märtyrer und Heilige.
3. Philipps mystische Erfahrung an Pfingsten im Jahr 1544
Als er sich am Abend vor dem Pfingstfest 1544 wieder einmal In die Sebastianus-Katakombe zum Gebet zurückzog, (Philipp ist nun 29 Jahre alt) geschah eines der wundersamen mystischen Ereignisse im Leben des Philipp Neri: Er sah, wie eine Feuerkugel aus der Höhe herabkam, die seinen Mund berührte und in sein Herz eindrang.
Sein Biograf Galloni berichtet:
„Plötzlich spürte er in seinem Herzen
einen solchen Sturm der überwältigend großen Liebe
des Heiligen Geistes,
dass ihm das Herz in der Brust so heftig aufsprang,
dass man es auch äußerlich wahrnehmen konnte“.
Als die Entrückung vorüber ist, merkte er, dass sich über seinem Herzen die Brustwand um die Dicke einer Faust erhoben hat, um seinem Herzen mehr Raum zu schaffen.
Seither, so ist überliefert, konnten Mitmenschen das Pochen seines Herzens wahrnehmen, wenn er betete; nach seinem Tod entdeckten Ärzte bei der Untersuchung seiner Leiche, dass durch die enorme Vergrößerung des Herzens zwei Rippen Philipps gebrochen waren.
4. Philipp – Priester und Seelsorger voller Herzlichkeit
Im Jahr 1548 – in der Zeit des Trienter Reformkonzils (1545-1563) – gründete er mit seinem Beichtvater die „Bruderschaft der heiligsten Dreieinigkeit“, einer Gesellschaft von Laien zur Betreuung von Pilgern, Kranken und Armen.
Auf Drängen seines Beichtvaters empfing er am 23. Mai 1551 in seinem 36. Lebensjahr die Priesterweihe.
Es folgte ein segensreiches seelsorgliches Wirken in der Pfarrei San Girolamo della Carità. Besonders fruchtbar wurde seine Seelsorge durch das Spenden des Bußsakramentes. Von frühmorgens bis zur Mittagsstunde nahm er in der Kirche Beichten ab, dann zelebrierte er die heilige Messe und empfing anschließend Besucher und Beichtkinder in seinem Zimmer. Man verließ ihn immer erleichtert und getröstet.
„Unsere einzige Regel soll die Liebe sein.“
Diese Regel für das von Phipipp Neri ins Leben gerufene Oratorium ist einfach – doch ihre Erfüllung sehr anspruchsvoll. Im Rom entstand um ihn ein bunter Kreis von Menschen, die sich zum Beten und der Betrachtung der Heiligen Schrift, aber auch zum Gespräch und Musizieren versammelten. Dieser Kreis war für alle offen. Menschen jeden Standes trafen sich dort, ob hoher Würdenträger oder einfacher Bürger. Philipp ermunterte sie, selbst Vorträge zu halten und sich der Armen und Kranken zuzuwenden und er schickte sie zum Almosensammeln – eine Übung der Demut. Doch auch fröhliches Spiel kam nie zu kurz. Die Versammlungen wurden in einem eigens dafür eingerichteten Raum über der Kirche – „Oratorium“ genannt – abgehalten.
Es kam zu vielen Bekehrungen und das Oratorium entwickelte sich zu einem der bedeutendsten geistlichen Zentren Roms. Aus dem Kreis um Philipp Neri entstand im Jahr 1552 auch die Weltpriester-Kongregation der „Oratorianer“, die 1575 vom Papst bestätigt wurde. Ihre Aufgabe war, dass die Priester durch tägliches Gebet, geistliche Diskussionen und unermüdliche Abnahme der Beichte das Heil förderten.
Zwischen 1564 und 1575 war Philipp auch Pfarrer der Kirche San Giovanni dei Fiorentini in Rom, eine Verschwörung gegen ihn sollte zur Schließung seines Oratoriums führen. Doch es kam anders, er konnte weitere Oratorien einrichteten in Rom und Neapel. Später haben sich die Oratorianer in der ganzen Welt verbreitet. Die musikalischen Darbietungen, die in diesem Kreis abgehalten wurden, sind der Ursprung einer bis heute bekannten Gattung geistlicher Musik: dem Oratorium.
1575 – dem Oratorium hatten sich inzwischen mehr als 100 Weltpriester angeschlossen und es war vom Papst offiziell als Kongregation bestätigt worden – begann er, unterstützt durch Papst Gregor XIII. und mehreren Kardinälen, mit dem Bau der Kirche Santa Maria in Vallicella, auch Chiesa Nuova genannt, an die ab 1577 das an San Girolamo della Carità gegründete Oratorium verlegt wurde.
5. Philipp – geistlicher Begleiter und Ratgeber
Mit seiner zugewandten Art gewann er das Vertrauen vieler Jugendlicher, die in den Gassen Roms ziellos herumstreunen.
„Selig ihr Jugendlichen, da ihr Zeit habt, Gutes zu tun.“
Mit dem klaren Blick eines Menschen, der sich der Flüchtigkeit der Zeit und der Vergeblichkeit eines Lebens ohne Liebe bewusst ist, wandte er sich die Jugendlichen, und zeigte so seinen authentischen und fruchtbaren Sinn für diese Phase ihres Lebens.
Er wies die zahlreichen Jugendlichen, die sich um das Oratorium versammelten, unermüdlich auf die zentrale Bedeutung Christi für ein gutes Leben hin. Ihre glühende Leidenschaft für ein Ideal, das dringende Bedürfnis nach Anerkennung, den ruhelosen Überschwang für die Anderen, die ungezügelte Gier, geliebt zu werden – Philipp verstand es, all das zum Dienst für Gott und die Menschen hin zu lenken.
Die Nähe Philipps zu seinen Jugendlichen war nicht so sehr aus deren Hilfsbedürftigkeit motiviert, sondern vielmehr aus der aufmerksamen Anerkennung jeder einzelnen menschlichen und christlichen Berufung. Auf die existenzielle Trägheit reagierte Philipp mit fröhlicher Vitalität, auf die kurzlebigen und gewissenlosen Zerstreuungen mit unbestechlicher Treue, auf strenge und zersetzende Askese mit heiterer und wohlwollender Überzeugung: „Seid gut, wenn ihr könnt!“
Das Vorhaben Philipps war ein geistliches Leben, das in der Freiheit von Hochmut, Eitelkeit und Stolz gründete. So dienten die übertriebenen und lächerlichen Verkleidungen, die Philipp anlegte (sich mit halb rasiertem Bart oder sonderbarer Frisur zu zeigen; das Herumhüpfen vor Leuten von hohem Rang; zu offiziellen Anlässen abgetragene Kleider anzuziehen), nicht allein dazu, die eigene geistliche Erhabenheit zu verbergen, sondern sie wurden als pädagogische Mittel eingesetzt, um den Verstand für die wahre Demut zu öffnen, welche falsche Sicherheiten des allgemeinen Denkens auflöst, die eine unbefangene Spielerei mit weltlichen Gelüsten verhindert. Sein heiterer Kampf gegen die Eitelkeit ist der Weg der inneren Freiheit, der Freiheit der Kinder Gottes: der höchst faszinierende und provozierende Weg für junge Menschen jeder Zeit.
Philipp Neri war ein begehrter geistlicher Begleiter. Durch seine liebenswürdige und konsequente Art der Seelenführung arbeitete er maßgebend an einer geistlichen Erneuerung der Stadt Rom mit. In vielen Familien führte er das gemeinsame Gebet wieder ein, unermüdlich hörte er Beichte, lud die Menschen zur Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes ein, sowie zur Verehrung der Gottesmutter an und schickte sie aus die Kranken zu besuchen und zu pflegen.
Pilgern und Kranken wusch er die Füße – nach dem Vorbild Jesu. Vor niemand sonst ging er in die Knie. Allem anderen eitlen selbstgefälligen Tanz um sich selbst begegnete er nicht mit strengen Moralpredigen, sondern mit entwaffnendem Humor.
Zu seinen engsten Freunden gehörten Karl Borromäus und Franz von Sales.
Sein liebster Gefährte und Berater war jedoch der ungebildete, unscheinbare und später heiliggesprochene Kapuzinerbruder Felix von Cantalice.
Philipp Neri wurde auch zum Berater von Päpsten und Kardinälen.
Als der Papst ihn bat herauszufinden,
was es mit einer vielfach gerühmten Ordensschwester auf sich hat,
die vor Rom lebte,
ritt er mit dem Maultier hin
und hielt der prominenten Nonne
seine schmutzigen Stiefel hin.
Die weigerte sich empört
diesem kleinen seltsamen Priester
einen Dienst zu erweisen
und Philipp kehrte amüsiert zum Papst zurück
mit der Bemerkung,
diese Schwester sei sicher keine Heilige,
weil ihr eines deutlich fehle: Demut.
6. Philipp – der humorvolle Heilige
Philipp Neri war von seinem ganzen Wesen her ein zutiefst demütiger und fröhlicher Mensch. Viele Anekdoten aus seinem Leben im Umgang mit adeligen Frauen, mit Prälaten und Kardinälen geben Zeugnis von seinem heiteren Kampf gegen die Eitelkeit, die er als ein Hauptübel für das geistliche Leben ansah.
So belebte er auch die Wallfahrt zu den Sieben Hauptkirchen Roms neu, die heute noch bei Rompilgern beliebt ist und praktiziert wird. 1559 führte er die erste Bußwallfahrt zu den sieben großen Pilgerkirchen an.
Erzählt wird, wie er an einem sehr heißen Sommertag mit einer Pilgergruppe eine Wallfahrt zu den sieben Hauptkirchen Roms unternahm; es war so heiß, dass vor Erschöpfung fast niemand mitbetete; da nahm er sein Birett, warf es in die Luft, sprang hinterher, fing es auf und rief: „Paradiso, paradiso!“. Alle lachten und klatschten in die Hände, dann gingen Gebet und Wallfahrt fröhlich weiter. Heute steht an dieser Stelle eine kleine Kapelle einer Marmortafel, eingemeißelt: Paradiso, paradiso.
Mit dieser Fröhlichkeit konnte Philipp Neri viele Menschen gewinnen und sie so zu einem tieferen Glauben führen. Wahre Fröhlichkeit ist nicht aufgesetzt, sondern kommt aus der Ruhe des Herzens.
Eine Anekdote berichtet, wie humorvoll selbst die strenge Lektion eines Beichtvaters sein kann.
Viele Adlige Roms kamen zu Philipp Neri in den Beichtstuhl,
unter ihnen auch die Contessa Bianchi.
Ihr Fehler war es, dass sie des Öfteren in Gesellschaft schlecht über andere redete.
Dafür bekam sie von Philipp Neri folgende sonderbare Buße auferlegt:
Sie solle sich am Markt ein Huhn besorgen und dann damit zu ihm kommen.
„Unterwegs musst du es so gut rupfen,
dass dabei auch nicht eine Feder übrigbleibt.“
Es muss ein herrlicher Anblick gewesen sein, als die Contessa federrupfend
durch die Straßen Roms gezogen ist…
Als sie endlich mit dem gerupften Huhn zu ihm kam,
erteilte er ihr die eigentliche Lehre.
Sie solle nun den Weg wieder zurückgehen und alle Federn einsammeln.
Als sie entgegnete: „Das ist doch nicht möglich!
Der Wind hat die Federn bereits in ganz Rom verweht.“
antwortete ihr der Heilige: „Daran hättest du vorher denken müssen.
So wie du die einmal ausgestreuten Federn nicht mehr aufsammeln kannst,
weil der Wind sie verweht hat,
so kannst du auch die bösen Worte, die du einmal ausgesprochen hast,
nicht wieder zurücknehmen.“
7. Philipps Eucharistische Frömmigkeit
Philipp Neri pflegte das Gebet – besonders auch zur Gottesmutter Maria. Oft wird er auch mit dem Rosenkranz abgebildet. Vor allem hatte er eine besonders innige Beziehung zum Sakrament der Eucharistie. Aus der Verbindung mit Christus in der heiligen Messe und in der eucharistischen Anbetung schöpfte er seine ganze Kraft, um den Armen und Kranken zu dienen und sie zu lieben.
Seine Verehrung ging sogar so weit, dass er während der Messfeier regelmäßig in Ekstase geriet.
Die letzten Jahre seines Lebens bekam er die päpstliche Erlaubnis, für sich alleine zelebrieren zu dürfen. Dies ermöglichte Philipp Neri, ungestört in inniger Anbetung zu verweilen und hielt auch Schaulustige fern, denn es sprach sich bald herum, dass er Philipp Neri dabei sogar ein Stück über dem Boden zu schweben begann.
Philipp Neri wehrte immer wieder ab, wenn er als „Heiliger“ angesehen wurde. Die Demut in allem war ihm alles. Stets versuchte er seine Heiligkeit zu verbergen und sich selbst lächerlich zu machen. So erschien er mal mit halbrasiertem Bart, mal mit Pelzmantel mitten im Sommer, mal mit rosa Filzpantoffeln.
Dazu eine weitere Anekdote:
„Vater, ich habe gesündigt…“ – Sie stockte aus Scham.
Darauf der Beichtvater Philipp Neri:
„Närrin, du hast getratscht auf meine Kosten.“ –
„Ja, Vater“
„Was hast du gesagt?“
„Vater, ich habe gesehen, wie Sie sich von der Erde erhoben,
als Sie die heilige Messe feierten.“
Darauf entgegnete er sofort: „Still, still!“
Aber nun gestand sie ihm, dass sie bei sich gedacht habe:
„Um Gottes willen, dieser Vater muss besessen sein.“
Da ging ein Lächeln über das ganze Gesicht Philipps und er sagte:
„Du hast recht, du hast recht, ja, ich bin besessen.“
Er wollte Zeit seines Lebens lieber als ein Besessener gelten, denn als ein Heiliger angestaunt zu werden.
Seine letzte Heilige Messe feierte Philipp Neri am Fronleichnamstag des Jahres 1595.
Als er kurz vor seinem Tod die Wegzehrung empfing, sagte er:
„Ich bin nicht würdig, ich bin niemals würdig gewesen; komm mein Liebster!“
Fast 80jährig starb Philipp Neri am 26. Mai 1595 und fand in der Kirche S. Maria in Vallicella, die erst 10 Jahre nach seinem Tod fertiggestellt wurde, seine letzte Ruhestätte.
8. Philipps Strahlkraft über seinen Tod hinaus
Zur Beisetzung des „Pippo buono“ – des „guten Philipp“ wie ihn die Jugendlichen gerne nannten, des „zweiten Apostel Roms“, kam eine unübersehbare Menschenmenge. Philipp selbst war sich seiner Schwächen bis zuletzt bewusst und hätte wohl nie geglaubt, dass man sich noch so lange an ihn erinnern würde, geschweige denn, dass man ihn heilig sprechen würde. Noch auf dem Sterbebett beteuerte er unter Tränen, er habe „nie etwas Gutes getan, nichts, gar nichts“.
Ausstrahlend bis in unsere Zeit ist die unkomplizierte und fröhliche Art, wie er mit den Menschen umgegangen ist. Er war zeitlebens ein Beter und Gottsucher. Und er konnte junge Menschen für den Glauben an Gott begeistern und hat sie dann auch begleitet in seiner „Schule der Heiligkeit“. Ein „Seelenverwandter“ von ihm ist auch Johannes Bosco.
Auch der spätere Kardinal Henry Newman war ein Schüler Philipps. Seine „Schule der Heiligkeit“ vereinte in Newmans Augen drei große geistliche Strömungen der Kirche in sich:
– die benediktinische Liebe zur alten Kirche in ihrer Einfachheit und Ursprünglichkeit und zum kontemplativen Leben;
– das Ideal des Ordens des hl. Dominikus, „die verschiedenen, vielgestaltigen, bunten Erscheinungen der Welt in die Einheit des göttlichen Dienstes zu bringen“
– und die moderne Art des hl. Ignatius, zugunsten einer inneren Frömmigkeit auf manche äußerliche Abtötung zu verzichten und zu versuchen, die Kirche wieder mitten in die Welt zu stellen.
„… wenn er [Philipp Neri] von Benedikt lernte, was er sein sollte,
und von Dominikus, was er tun sollte,
so möchte ich annehmen, er habe Ignatius abgeschaut, wie er’s am besten tue.“
(Kardinal Henry Newman)
Philipp Neri wurde 1600 von Papst Paul V. seliggesprochen und 1622 zusammen mit Ignatius von Loyola, Teresa von Avila, Franz Xaver und Isidor heiliggesprochen.

Philipp Neri – Heiliger der Herzlichkeit; Bild: G. M. Ehlert, Mai 2019
Bild:
Unten links: Beichte – Frau soll Huhn rupfen u. Federn wieder einsammeln…
Unten rechts: Prüfung der „Heiligkeit“ einer Nonne – sie soll ihm die schmutzigen Stiefel ausziehen
Unten Mitte: Sorge um Pilger, Kranke und Arme
Mitte links: Oratorium – Schriftgespräche Priester-Laien
Freund der Kinder und Jugendlichen „Pippo buono“ – Lehren mit spielen u. Musik
Mitte Mitte: Eucharistische Frömmigkeit – Exstase
Oben links: Hand Gottes, des Vaters
Oben Mitte: Pfingstvision 1544 – flammendes Herz
Sieben-Kirchen-Wallfahrt – zur Aufheiterung Birett in die Luft werden
Oben rechts: Marienvision
Gott,
du hast im Leben deines Dieners Philipp Neri
den Glanz deiner Heiligkeit aufleuchten lassen.
Gib uns eine brennende Liebe, wie er sie im Herzen trug,
und die Heiterkeit des Geistes,
die ihn zum Boten deiner Freude gemacht hat.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
(Tagesgebet vom 26. Mai – Gedenktag des hl. Philipp Neri)