Norbert von Xanten – 6. Juni

Norbert von Xanten

(* ca. 1080 – + 6. Juni 1134)
– Ordensgründer, Kirchenreformer und Erzbischof von Magdeburg

Gedenktag: 6. Juni

Nor­bert von Xan­ten ent­stamm­te ei­nem nie­der­rhei­ni­schen Adels­ge­schlecht. Zu­nächst wohl­ha­bend und ein welt­li­ches Le­ben füh­rend, wand­te er sich mit rund 30 Jah­ren ei­ner as­ke­ti­schen Le­bens­wei­se zu. Er be­grün­de­te den Or­den der Prä­mons­tra­ten­ser und wur­de schlie­ß­lich Erz­bi­schof von Mag­de­burg.

I. Kanoniker und Lebemann

Norbert von Xanten wird in der Zeit zwischen 1080 u. 1085 geboren. Er stammt aus dem rheinischen Adelsgeschlecht der Herbertiner. Sein Vater ist Heribert von Gennep; seine Mutter Hadewig.

Als zweitgeborener Sohn war Norbert in der ständeorientierten Gesellschaft seiner Zeit für eine geistliche Laufbahn bestimmt. (Standesgemäß war für den Erstgeborenen Sohn Herbert eine weltliche Karriere).

So kam Norbert zur Erziehung und Ausbildung ans Stift St. Viktor in Xanten und führte dort als Subdiakon mit umfangreichen Pfründen ausgestattet, ein sorgenfreies, „verweltlichtes“ Leben.

Er macht Karriere:
Der Kanoniker Norbert übernahm Dienste am Hof des Erzbischofs Friedrich I. von Köln.
In dessen Gefolge begleitete der inzwischen 30-jährige Norbert den König Heinrich V. als Berater 1110/11 auf seiner Reise nach Rom.
Dort erlebte er, wie König Heinrich den Papst Paschalis II. zwei Jahre lang gefangen nahm, um seine Kaiserkrönung zu erzwingen.

Zum geschichtlichen Hintergrund:
Im Hochmittelalter bekam die Auseinandersetzung der Machtansprüche zwischen Papsttum und Kaisertum im Investiturstreit eine besondere Ausprägung. Beide Seiten beanspruchten für sich allein das Recht, geistliche Würdenträger, insbesondere Bischöfe einsetzen zu dürfen. So wurden in dieser Epoche Päpste und Gegenpäpste von Königen und ihren Verbündeten eingesetzt und umgekehrt das Ansinnen der rivalisierenden Herrscherhäuser auf die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation vom Papst belohnt oder verweigert.

II. Asket und Einsiedler

Der Umbruch:
1113 lehnte Norbert das kaiserliche Angebot ab, als Belohnung für seine Treue selbst Bischof von Cambrai zu werden. Hier zeigt sich eine erste Abkehr Norberts vom Kaiser und Annäherung an die päpstliche Seite im Investiturstreit des Hochmittelalters.

Die beiden Lebensbeschreibungen über Norbert aus dem 12. Jahrhundert berichten:
Auf einem Ritt im Mai 1115 zum adeligen Damenstift in Vreden geriet Norbert und sein Begleiter in ein Unwetter. Ein Blitz verfehlte ihn nur knapp und er stürzte – wie einst der Christenverfolger Saulus – vom Pferd. Norbert deutete dies als Zeichen Gottes. Dies führte zu einer Abkehr von seiner bisherigen Lebensweise.

Die Neuorientierung:
Norbert lebte in einer Zeit der Kirchengeschichte, in der über die Klärung der jeweiligen Hoheitsbereiche von Kirche und Welt hinaus auch das gesamte Verhalten der Kirche zur Welt reformiert werden musste. So bildete sich zum einen eine klösterliche Reformbewegung heraus. Die Entstehung des Zisterzienserordens aus dem Benediktinerorden unter Bernhard von Clairvaux ist ein Ergebnis dieser Reformbewegung.
Daneben gab es auch kirchenpolitische Reformbemühungen, das kirchliche Leben neu zu ordnen.

Drei unterschiedliche Varianten dieser Reform des geistlichen und sittlichen Lebens lernte Norbert bei der Neuorientierung seines Lebens kennen.
Norbert kam er über das benediktinische Reformkloster Siegburg (1115), und dem Regularklosterstift Klosterrath bei Aachen sowie über einen Aufenthalt beim Einsiedler Liudolf in Lonnig an der Mosel, der ihn auf die Dringlichkeit der Klerikerreform hinwies, zu der Erkenntnis, dass er sich dieser Aufgabe widmen müsse.

1116 ließ er sich in Köln zum Diakon u. Priester weihen und kehrte nach Xanten zurück, um sein früheres Heimatstift im Sinne der strengen Kloster- und Kirchenreformbewegung zu reformieren.
Nachdem er damit bei den Stiftsherren gescheitert war, führte er ab 1117 ein Eremitenleben auf dem Fürstenberg bei Xanten.

Von dort aus zog er begann er sein Ideal radikaler Apostelnachfolge zu verwirklichen und durch öffentliche Predigt mit deutlicher Kritik am Lebenswandel des Klerus zu Umkehr aufzurufen. Sein eigenmächtiges, keiner Ordensregel verpflichtetes Wirken führte zu Argwohn bei Kirchenoberen.

So musste er sich am 28. Juli 1118 auf der Synode in Fritzlar gegen die Vorwürfe, ohne kirchlichen Auftrag zu predigen, keinem Orden anzugehören und sich nicht standesgemäß zu verhalten, verteidigen.

Norbert erkannte daraufhin, dass er den um sich greifenden Irrlehren im Volk nur dann glaubwürdig begegnen kann, wenn er diesem in der Armut Christi begegnet. So verkaufte er seine Pfründe, verschenkte den Erlös den Armen und folgte fortan barfuß und mittellos nach dem Vorbild der Apostel dem „armen Christus“.

III. Pilger und Wanderprediger

Norbert verließ seine Heimat und zog durch Flandern, Belgien bis nach Südfrankreich. Auf seiner Pilgerschaft suchte er im November 1118 Papst Gelasius II. in S. Gilles auf, der ihm die gewünschte Erlaubnis zur Wanderpredigt erteilte.

Seit März 1119 durchzog er die Diözesen Cambrai und Lüttich, rief zur Christusnachfolge und Buße auf. Sein rhetorisches Können und sein theologisches Wissen machen ihn zusammen mit seiner Frömmigkeit zu einem begnadeten Prediger. Er erkannte: wichtiger als die theologische Bildung ist die geistliche Bildung.

Das Konzil von Reims im Oktober 1119 machte Norberts weitere päpstliche Förderung von seiner dauerhaften Niederlassung an einem festen Ort im Bistum Laon abhängig.
Nach längerem Suchen und missglückter Reform des Kanonikerstifts San Martin in Laon bestimmte Norbert den ihm vom Bischof Bartholomäus geschenkten Hof Prémonté 1120 zum Mittel- und Ausgangspunkt seiner Predigt- und Reformtätigkeit.

IV. Ordensgründer und Seelsorger

Die mittelalterlichen Lebensbeschreibungen Norberts berichten, dass Norbert in einer Vision des Gekreuzigten den für ihn bestimmten Ort seiner Niederlassung erkannte, dass die Jungfrau Maria seiner Gemeinschaft das weiße Habit überreichte und der heilige Augustinus ihm das Buch mit der Ordensregel übergab. Dies drückt bildhaft aus: nicht Papst oder Kaiser, sondern der Himmel selbst steht am Anfang der neuen Ordensgemeinschaft der Prämonstratenser (benannt nach dem Ort des ersten Klosters).

Am Weihnachtsfest im Jahr 1121 kam es zur Feierlichen Profess von Norbert, der sich zusammen mit 13 Gefährten gemäß der Augustinerregel auf ein Leben in Gemeinschaft (communio) mit der Pflege des geistlichen Lebens (contemplatio) und mit dem Schwerpunkt der allgemeinen Seelsorge (actio) verpflichtete.

Weitere Tochtergründungen folgten schon bald in den nächsten Jahren.
In Selm-Cappenberg entstand 1122 auf der Burg Gottfrieds von Cappenberg das erste Prämonstratenserkloster auf deutschem Boden.

Norbert ist auch weiterhin barfuß als Wanderprediger unterwegs.
Er ruft in einer kirchlich recht dekadenten Zeit zur Nachfolge Christi nach dem Modell des Urchristentums auf. Mit seiner revolutionären Haltung gegenüber den kirchlichen Strukturen schart er viele Menschen um sich, die auf der Suche nach Erneuerung und Wahrhaftigkeit im Glauben sind. Auffällig ist, dass die Gemeinschaft sowohl durch Kleriker als auch durch Laien, dazu außerdem Frauen und Männer, gebildet wird, was bei Kleriker-Gemeinschaften bislang unbekannt ist. – Norbert selbst ist der „väterliche Leiter“ einer jeder dieser Niederlassungen. So versuchte er diese Institute außerhalb des bischöflichen Einflusses zu halten.

In den mittelalterlichen Lebensbeschreibungen über Norbert finden sich einige wunderbare Ereignisse: so heilt er während einer Eucharistiefeier eine erblindete Frau und vertreibt Dämonen aus Besessenen…
1124 traf er in Antwerpen auf die Anhänger von Tanchelinus, dem Anführer einer Sekte, der – so die Überzeugung im Barock – vor allem die eucharistische Gegenwart des Herrn leugnete. Weil Norbert die Lehre von der Eucharistie verteidigte und selbst eine eucharistische Frömmigkeit pflegte, wurde die Monstranz seit dem Barock zum besonderen Attribut Norberts.

V. Erzbischof und Metropolit

Erneute Lebenswende
Norbert, der charismatische Stifter einer sich rasch ausbreitenden religiösen Gemeinschaft ließ sich zum Erstaunen seiner Mitbrüder von Papst Honorius II. und König Lothar III. in die Pflicht nehmen und wurde auf einem Hoftag in Speyer 1226 zum Erzbischof von Magdeburg bestimmt. Zuvor hatte er die Berufung auf den Bischofssitz in Würzburg abgelehnt.

Legenden berichten, er sei barfuß und in ärmlicher Kleidung eingetroffen. Als der Festzug sich von der Kirche zum erzbischöflichen Palast wandte, wollte der Türsteher, der ihn nicht kannte, den ärmlich gekleideten Fremden nicht einlassen. Eines Besseren belehrt, wollte der Diener die Flucht ergreifen, aber lächelnd rief ihm Norbert zu: „Fliehe nicht, mein Bruder, du kennst mich besser als jene, die mich Armen und Geringen zu diesem hohen Palaste genötigt haben.“

Als Erzbischof von Magdeburg zeigte Norbert sich als unnachgiebiger Reformer, der sich bei den adeligen Chorherren der Bischofskirche ebenso unbeliebt machte wie bei den einfachen Priestern, die den Zölibat einhalten mussten. Er propagierte eine allgemeine Kleriker- und Kirchenreform und stellte etablierte Besitzstände in Frage.
So kommt es 1129 zum Aufstand des Klerus u. der Bürger Magdeburgs. Er muss zeitweise aus Magdeburg in ein Kloster fliehen. In der Folgezeit kommt es zur Umwandlung des Magdeburger Stiftes Unserer Lieben Frau u. des Klosters Pöhlde in Prämonstratenserstifte. Diese werden zum Ausgangspunkt für die künftige Slawenmission. Von Magdeburg aus werden Richtung Osten, so auch Prag, weitere Niederlassungen gegründet. Norbert wird Metropolit einer großen Kirchenprovinz des Ostens unter Kaiser Lothar.

Norbert wandelt sich zu einem klassischen Kirchenfürsten. Er zählte zu den Vertrauten Lothars III. und begleitete diesen 1132/33 nach Italien, wo Lothar zum Kaiser gekrönt wurde. Er fungierte, da der Erzbischof von Köln abwesend war, vorübergehend sogar als Reichserzkanzler für Italien. Gegen die Forderung Lothars auf das Recht kaiserlicher Bischofsernennungen setzt er sich erfolgreich zur Wehr.

Aus dem asketischen Wanderprediger und Abt seiner Reformgemeinschaft war ein Reichsfürst und Hofmann geworden. In der Lebensbeschreibung des Grafen Gottfried von Cappenberg, der seine Burg und sein Vermögen Norbert geschenkt hatte und selbst dem Orden beigetreten war, wird berichtet, dass Gottfried bei einem Besuch in Magdeburg von der Pracht der Hofhaltung Norberts so abgestoßen wurde, dass er sofort wieder abreiste.

Nach der Rückkehr aus Italien blieb Norbert – wohl an Malaria schwer erkrankt – am Hof des Königs. 1134 kehrte er nach Magdeburg zurück, wo er am 6. Juni 1134 starb. Am 11. Juni wird er nicht im Dom, sondern auf Anordnung Lothars in der Liebfrauenkirche in Magdeburg beigesetzt.

Norbert wurde im Jahr 1582 von Papst Gregor XII. heiliggesprochen.
In den Unruhen des 30-jährigen Krieges wurden Norberts Gebeine im Jahr 1626 in der Abteikirche Strahov in Prag beigesetzt.

Würdigung:
Auch wenn Norberts Wirken als Reformer, Ordensgründer und Erzbischof nicht zum Abschluss kam, ist er durch Vorbild und Predigt, die Durchführung und Festigung der Kanonikerreform sowie die Tätigkeit für Kirche und kaiserlichem Reich neben Bernhard von Clairvaux eine der wichtigsten kirchlichen Persönlichkeiten des 12. Jahrhunderts.

 * * *

Norbert-Xanten

Norbert von Xanten – Grafik von G. M. Ehlert zum 6. Juni 2021

 * * *

Pfeil-oben zum Seitenanfang

___________________________________

Gedanken – Meditationen – Einblicke

Georg Michael Ehlert

(c) G. M. Ehlert

Stand: 11.06.2021