Katharina von Siena
– eine mystische, gottgeweihte und politische Frau
* 25. März 1347 in Siena, † 29. April 1380 in Rom
„Ich bin Blut und Feuer“

Katharina von Siena – Grafik von G. M. Ehlert 29.04.2020
Als in ganz Europa die Pest wütet, Söldnerheere den Kontinent verwüsten, die Kirche dringend der Reform bedarf, der Papst zum Spielball politischer Mächte geworden ist –
in die Finsternis dieser Zeit hinein wird am 25. März 1347 in Siena in Italien als 24. Kind einer adeligen Wollfärberfamilie Benincasa Katharina (Caterina) geboren.
„Du musst deine Zelle
im Innern, im Herzen tragen!“
1. Katharinas mystische Erfahrungen
Schon mit 6 Jahren hat sie eine erste Vision. Sie schaut, wie Christus – gekrönt mit der Tiara – ihr zulächelt und sie segnet. Das ist das Fundament: die Erfahrung der leuchtenden Liebenswürdigkeit Christi, der uns segnet. – Ihre Liebe zu Christus war entbrannt. Sie will fortan Braut Christi sein.
Als ihre Eltern daran dachten, sie zu verheiraten, wehrte sich die 12-jährige Katharina energisch. Sie schnitt sich ihre Haarpracht ab. Sie schloss sich in ihr Zimmer ein, um ein Leben in Beten und Fasten einzuüben. Als Katharinas Familie ihre Sehnsucht nach Al-leinsein und stillem Gebet nicht versteht und diese ihr durch viele Arbeiten fast unmöglich macht, lernt sie etwas, das ihr ganzes späteres Leben in der Welt prägen wird: Sie bereitet sich eine „Zelle“, einen Raum im Inneren der eigenen Seele. Dort findet sie inmitten der größten Aktivität immer wieder das ihr zugewandte Angesicht Gottes. In dieser „Klausur“ entdeckte sie: „Du musst deine Zelle im Innern, im Herzen tragen.“
In dieser „Herzensklausur“ verband sie sich immer mehr mit Christus, dem Gekreuzigten.
Sie strebt kein Weiheamt an, doch weiht sie ihr ganzes Leben Gott.
In einer Vision zeigte ihr der Heilige Dominikus das Ordensgewand der „Schwestern von der Buße des Heiligen Dominikus“ (Mantellatinnen) und versprach ihr, diesem dritten Orden angehören zu dürfen. Diese Büßerinnen trugen ein weißes Kleid, schwarzen Mantel und einen weißen Schleier. Zu jener Zeit nahmen sie allerdings nur Witwen auf, die in ihren eigenen Häusern lebten. Erst nach wiederholten Anfragen wurde Katharina schließ-lich im Jahre 1363 im Alter von 16 Jahren in diese Gemeinschaft aufgenommen.
„Die Liebe für die Menschen
wird dich noch fester an mich binden“
2. Katharinas Leben nach den evangelischen Räten mitten in der Welt
Nach ihrer Einkleidung suchte Katharina Stille und Einsamkeit. Sie zog sich für drei Jahre ganz von der Außenwelt zurück, um sich dem Gebet, der Buße und der Askese zu widmen. In einer Vision erlebte sie ihre „mystische Vermählung“ mit Christus. Fortan trägt sie – nur für sie sichtbar – einen rubinroten Ring, den ihr Christus, ihr himmlischer Bräutigam, ansteckte. Sie verehrte besonders die Eucharistie und das „Blut Christi“ – Zeichen seiner Liebe.
In ihrer „Herzensklausur“ bekam sie ihren apostolischen Auftrag: Sie soll die empfange-ne Liebe an die Menschen weiterschenken. Sie sieht sich hinausgesandt zu ihrer eigenen Familie und in die Welt zu den Menschen. Von dort aus versorgte sie Arme, pflegte Kranke, besuchte und tröstete Gefangene, begleitete Verurteilte zum Richtplatz, die sich auf ihren Einfluss hin bekehrt haben, schlichtete Streitigkeiten und stiftete Frieden in Familienfeindseligkeiten. Viele fanden daraufhin wieder den Weg zu Gott.
Ihr Ruf als Wohltäterin verbreitete sich schnell. Der Kreis ihrer Bekannten und Freunde wuchs rasch. Sie wurde in kurzer Zeit zur fraglos anerkannten Autorität einer neuen „Fa-milie“. Sie alle nannten sie „Mamma dolce“. Ohne offizielles Leitungsamt lenkte sie die Menschen und führt sie wie eine Hirtin der Liebe Gottes entgegen.
„Im Garten der Kirche müssen die faulenden Pflanzen ausgerissen
und durch frische, duftende neue Pflanzen ersetzt werden“
3. Katharina als prophetische Kirchenlehrerin
Katharina, die Kontemplative mit einem klaren Blick, wie sie ihre Zeitgenossen beschrei-ben, verzehrt sich in dienender Liebe zu allen. 1370 erkrankte sie schwer und erlebte ihren eigenen „mystischen Tod“ – doch musste sie zurückkehren, um die Lehre Christi vor die Kleinen und Großen zu bringen. Sie – in den Augen der Menschen eine kleine, kränkliche und ungebildete Frau, die bis zu ihren letzten Jahren weder lesen noch schreiben gelernt hatte –, erfährt, dass Gottes Kraft gerade in den Schwachen mächtig ist.
So begann Katharinas öffentliche und (kirchen-)politische Tätigkeit. In einer zerstrittenen Welt ist sie von einer unbedingten Geradlinigkeit und prophetischen Wortgewalt und wird als Friedensvermittlerin zwischen zerstrittenen Stadtstaaten Italiens herbeigerufen.
Mit einem Teil ihrer „Familie“ reist „La bella brigada“ – „die schöne Truppe“ durch Italien, von Siena nach Florenz, Avignon, und schließlich nach Rom.
Sie ist von brennendem Eifer für die Kirche erfüllt und diktiert mehrere Briefe gleichzeitig an bedeutende und weniger bedeutende Personen. (Über 380 Briefe sind erhalten). Sie prangert Missstände an und ruft Klerus und Herrscher zur Umkehr auf.
Sie muss jedoch auch Ablehnung und feindlichen Widerstand erfahren.
1374 musste die junge Frau ohne jedes gelernte Wissen die Gewissheit ihres Herzens, ihre Visionen und ihre Überzeugung vor dem Ordenskapitel der Dominikaner verantworten. Ihre theologisch einwandfreie Verteidigung überraschte und überzeugte jedoch alle.
Die Stigmata (Wundmale Jesu), die sie am 13. April 1375 empfängt (und auf ihr Bitten hin vor anderen verborgen blieben) und die Dornenkrone, mit der sie oft abgebildet wird, sind Zeichen für ihre Bereitschaft mit Christus für das Heil der Menschen zu leiden.
Auf Bitte von Papst Gregor XI. schrieb sie 1376-78 das Buch: „Dialog von der Vorsehung Gottes“ – ein Zeugnis dieser sendungsbewussten Prophetin.
Die Zeit war gekommen, dass Gott Katharina zu ihrer dreifachen kirchlichen Sendung ruft: Heimholung des Papstes Gregor XI. aus dem Exil in Avignon (1376), sittlich-religiöse Reform der Kirche und Kampf gegen das ausbrechende Schisma, das sie 1378 jedoch nicht zu verhindern vermochte. Doch ihr ist es zu verdanken, dass es nicht zum Bruch Italiens mit der Kirche kam. Papst Urban VI. berief sie als Beraterin nach Rom. Dort blieb sie bis zu ihrem Tod am 29. April 1780 im jesuanischen Alter von 33 Jahren.
Auf ihrem Totenbett sagte sie: „Seid überzeugt, dass die einzige Ursache meines Todes die Glut für die Kirche ist, die mich verzehrt.“
Die katholische Kirche ehrt diese „feurige Frau“ als Heilige (seit 1441),
als Kirchenlehrerin (seit 1970) und als eine Patronin Europas (seit 1999).
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siehe auch: „Ich bin Blut und Feuer“
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