Gertrud von Helfta – 17. Nov.

Frauenmystik im Kloster Helfta

Gertrud von Helfta,
Mechthild von Hackeborn
und Mechthild von Magdeburg:
provokant, mutig und zupackend.

Drei spannende Frauengestalten, die das Zisterzienserkloster im 13. Jahrhundert zum Zentrum der deutschen Frauenmystik und Literatur machten. Über einen Zeitraum von etwa zwanzig Jahren lebten sie dort zusammen, alle drei mystisch begnadet und dichterisch begabt.
Ein einmaliger Glücksfall in der Geschichte der deutschen Klöster und Heiligen.

Im Zusammenhang mit dem Thema „Mystik“ gibt es kaum einen Ausspruch  der so häufig zitiert wird wie jener des Theologen Karl Rahner:

„Der Fromme der Zukunft wird ein Mystiker sein,
einer, der Gott erfahren hat,
oder er wird nicht mehr sein.“

(aus K. Rahner: „Das neue Bild der Kirche“ in „Geist und Leben“ 39, 1966, S. 4-24)

Was ist Mystik?

„Es ist Aufgabe der Theologie
zur Mystik,
zur religiösen Erfahrung
und zur Vertrautheit mit Gott zu führen.

Vertrautheit mit Gott erfährt der Mensch aber in erster Linie durch die Liebe –
wenn der Mensch Gott erkennen will, geht es nur durch die Liebe.

Fragst du wie das geschieht,
dann frage die Gnade, nicht die Lehre –
die Sehnsucht, nicht den Verstand –
das Stammeln des Gebetes, nicht das Studium der Lesung –
den Bräutigam, nicht den Lehrer,
Gott, nicht den Menschen.“

(Bonaventura)

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Mechthild von Magdeburg

(* 1207/10 – † 1282/94)

mit 12 Jahren vom Hl. Geist berufen,
verlässt sie im Alter von ca. 20 Jahren die Sicherheit ihrer Burg, um in Magdeburg eine Begine zu werden – im Dienst an den Armen.
ab 1250 entsteht: „Das fließende Licht der Gottheit“

Heftig angefeindet geht sie 1270 ins Kloster Helfta
Sie legt als Lehrerin u. Mentorin ihrer Mitschwestern den Grundstein der Mystik  von Helfta.

Sie stirbt 1282 oder 1294 in Helfta.
Gedenktag = 15. August

FLG I, 23. Du sollst bitten,
dass dich Gott innig, häufig und lange liebt,
dann wirst du rein, schön und heilig

Eia, Herr, liebe mich innig, und liebe mich häufig und lange!
            Denn je inni­ger Du mich liebst, desto reiner werde ich.
            Je öfter Du mich liebst, desto schöner werde ich.
            Je länger Du mich liebst, desto heiliger werde ich hier auf Erden.

FLG I, 24. Wie Gott der Seele antwortet:
Dass ich dich überaus liebe, das habe ich von Natur,
            weil ich die Liebe selber bin.
Dass ich dich oftmals liebe, hab ich von meiner Sehnsucht,
            weil ich ersehne, dass man mich herzlich liebt.
Dass ich dich lange liebe, kommt von meiner Ewigkeit,
            weil ich ohne Anfang und ohne Ende bin.

* * *

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Mechthild von Hackeborn

(* 1241 – † 1299)

ist leibliche Schwester der Äbtissin Gertrud und kommt auf eigenen Wunsch mit 7 Jahren im Jahr 1248 in deren Kloster.

Sie wird später Leiterin der Klosterschule und Kantorin –
„die Nachtigall Christi“ –
Ihre Visionen werden ab 1292 von zwei Mitschwestern (darunter ihre Freundin Gertrud von Helfta) aufgeschrieben:
„Das Buch der besonderen Gnade“.

Nach langer Krankheit stirbt sie am 19. November 1299.

Mechthild von Hackeborn
beschreibt als kranke alte Frau rückblickend:

„Wenn ich mit euch im Chor
mit ganzer Sehnsucht und aus allen Kräften sang,
so zog ich mit steigendem Gesang
zugleich eure Wünsche aufwärts zu Gott und in Gott,
mit fallendem Gesang dagegen
brachte ich euch wiederum voll Liebe Gnade von Gott herab;
und das tue ich noch unablässig.“ (VII, 19)

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Gertrud von Helfta

(* 1256  – † 1302)

im Alter von 5 Jahren kommt sie (als Waisenkind?) 1261 ins Kloster.
1281 erfährt Gertrud ihre erste Christusvision, die sie zur Kontemplation u. zum mystischen Gebet bekehrt.
Sie übersetzt Teile der Hl. Schrift, schreibt zahlreiche Briefe, Gebete u. Lieder.
Ihre beiden Hauptwerke: „Gesandter der göttlichen Liebe“ und „Geistliche Übungen“.

Wichtig ist auch ihre Arbeit als Seelsorgerin u. Beichtmutter.

Sie stirbt am 17. November 1302 – und erhält als einzige deutsche Heilige den Ehrentitel: „die Große“.

Tägliches Gebet der Hl. Gertrud von Helfta:

Sei mir gegrüßt, heiligstes Herz Jesu,
du lebendige und belebende Quelle des ewigen Lebens,
unerschöpflicher Schatz der Gottheit,
brennender Glutofen der göttlichen Liebe!
Du bist der Ort meiner Ruhe und meiner Zuflucht.
Mein liebevollster Erlöser
entzünde in meinem Herzen jene Liebe,
von welcher dein Herz ganz verzehrt ist.
Gib in mein Herz jene kostbaren Gnaden,
die aus deinem Herzen als aus ihrer Quelle entspringen.
Lass mein Herz mit dem deinen so eng verbunden sein,
dass dein Wille auch mein Wille sei
und mein Wille mit dem deinigen ewig übereinstimme:
Ich verlange bloß, dass in Zukunft dein heiliger Wille
die Richtschnur aller meiner Wünsche und Taten sei. Amen.

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Mechthild von Magdeburg„die Minnesängerin Gottes“

Wird eine Mensch zu einer Stund
Von wahrer Minne wirklich wund,
So wird er nimmermehr gesund,
Er küsste denn den selben Mund
Der ihm die Seele machte wund.

Mechthild von Hackeborn„die Nachtigall Christi“

Das Gebet hat große Kraft,
das der Mensch verrichtet mit seiner ganzen Kraft.
Es macht ein bitteres Herz süß,
ein trauriges Herz froh,
ein armes Herz reich,
ein törichtes Herz weise,
ein zaghaftes Herz kühn,
ein schwaches Herz stark,
ein blindes Herz sehend,
eine kalte Seele brennend.
Es zieht den großen Gott in ein kleines Herz,
es treibt die hungrige Seele hinauf zu dem Gott der Fülle.

Gertrud von Helfta – „die Große“

Du bist der Quell,
nach dem mein Geist dürstet.
Du das Leben meiner Seele,
du meines Herzens Jubel.
Hätte ich die Macht über jegliche Kreatur,
sie alle und all die Prachtwerke deiner Hände
vereinigte ich zum Lobe  deines Ruhmes.

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Gedanken – Meditationen – Einblicke

Georg Michael Ehlert

(c) G. M. Ehlert

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Stand: 14. Nov. 2019