Bonifatius – 5. Juni

Winfried/ Bonifatius –
„Apostel der Deutschen“

Fest: 5. Juni

I. Winfried – angelsächsischer Benediktinermönch

Im Jahr 672/73 kam Bonifatius als Sohn einer vornehmen angelsächsischen Familie in Crediton im südlichen Wessex zur Welt und wurde auf den Namen Wynfrid/ Winfried = „Freund des Friedens“ getauft.
In frühen Jahren wurde er „Gott aufgeopfert“ und bekam seine Schulbildung in einem Kloster in Exeter,
bevor er in Nursling die Gelübde als Benediktinermönch ablegte.
Um das Jahr 705 wird er mit 32 Jahren zum Priester geweiht.

Bis zu seinem 41. Lebensjahr widmete er sich der Wissenschaft. Er legte die Bibel aus, verfasste die erste geschriebene lateinische Grammatik Englands sowie viele Gedichte. Seine Erfahrungen und Lehren gab er in Vorträgen und Predigten weiter.
Er hatte eine Laufbahn eingeschlagen, auf der er sicher bald zum Bischof einer bedeutenden Diözese Englands geworden wäre. Sein Ideal in der Nachfolge Christi war jedoch ein anderes: alles, d.h. Heimat und Familie zu verlassen und als heimatloser, schutzloser Pilger in der Fremde (= dem Elende) zu missionieren.

II. Bonifatius – umherreisender Glaubensbote

Dieser Wunsch führte Winfried im Frühjahr 716 zusammen mit einigen Gefährten in das heidnische Friesland.
Diese Friesenmission wurde ein Fehlschlag, weil der friesische König Radbod den christlichen Karolingern – und damit auch ihrem Gott – feindlich gesinnt war.
So kehrten die Glaubensboten erfolglos in ihre Heimat zurück.
In Nursling wurde Winfried nun zum Abt gewählt. Nach einem Jahr legte er jedoch die Abtswürde nieder und verließ erneut und endgültig seine Heimat.

Er machte sich im Herbst 718 auf den Pilgerweg nach Rom, denn er hatte erkannt, dass Missionsarbeit staatlichen Rückhalt und päpstliche Sendung brauchte.
Dort nahm er vom Papst – um seine Verbundenheit mit Rom zu bekunden – den Namen des römischen Märtyrers Bonifatius an, dessen Fest gerade in Rom gefeiert wurde = 14. Mai.
Papst Gregor II. entsandte Bonifatius am 15. Mai 719 als Glaubensboten zum Bischof Willibrord nach Friesland.
Nach einer zweijährigen „Lehrzeit“ trennte er sich von ihm, um im heutigen Hessen, Thüringen und Bayern zu den Glauben zu verkünden, obwohl Willibrord ihn als seinen Nachfolger wünschte.

Bonifatius setzte sich in der Verkündigung des Evangeliums in jenen Regionen ein, kämpfte gegen die heidnischen Kulte und stärkte die Grundlagen der menschlichen und christlichen Sittlichkeit.

Eine Episode kann diesen feurigen Eifer für das Evangelium verdeutlichen:
Als Bonifatius bei den Nonnen von Pfalzel bei Trier zu Gast war,
las der 14-jährige Gregor (der spätere Bischof von Utrecht),
ein Verwandter der Äbtissin,

aus der heiligen Schrift vor.
Bonifatius lobte ihn, fügte aber hinzu: »Verstehst du, was du liest?«
Er begnügte sich nicht mit dem nochmaligen Leseversuch Gregors,
sondern forderte ihn auf, mit eigenen Worten,
in seiner eigenen Sprache die Frohbotschaft wiederzugeben.

Da Gregor dies nicht vermochte,
legte Bonifatius selber das Evangelium so lebendig aus,
dass der Knabe begeistert ihm als Schüler folgte.

Es fehlte Bonifatius aber an Macht, um sich gegenüber kirchlichen und weltlichen Größen zu behaupten und gegen deren Widerstand die notwendigen Reformen durchzusetzen. Daher reiste er erneut nach Rom, wo er im Jahr 722 von Papst Gregor II. zum Missionsbischof ohne festen Bischofssitz geweiht wurde. Aufgrund der Empfehlung des Papstes stellte Karl Martell, der Frankenherrscher, ihm sodann einen Schutzbrief aus.

Die unter fränkischer Herrschaft stehenden Stämme waren zwar formal Christen, doch war der raschen Taufe oft keine tiefergehende christliche Unterweisung gefolgt, so dass alte heidnische Bräuche im Volk weiterhin gepflegt wurden. Hier setzte Bonifatius an. Zum einen sollte durch eine Reform des Klerus die kirchliche Führungsschicht auf einen romtreuen Kurs gebracht werden und die Einhaltung kirchlicher Vorschriften garantiert werden. Zum anderen sollte das Volk unterwiesen und von der Nichtigkeit der heidnischen Bräuche überzeugt werden.

Daher gründete Bonifatius eine Reihe neuer Klöster und stellte sie unter die Leitung von Vertrauten aus dem Kreis seiner angelsächsischen Landsleute. Darunter sind bekanntgewordene Namen wie Wigbert, Burchard, die Brüder Willibald und Wunibald, ihre Schwester Walburga, Lioba und viele andere. Diese Klöster wurden mit ihren Schulen zu Zentren der Mission und zu Brennpunkten der Kultur.
Bei den germanischen Stämmen waren es nicht allein Worte, die überzeugten. Das Volk verlangte sichtbare Zeichen dafür, dass der Christengott stärker ist als ihre bisherigen Götter.

Eine äußerst wirksame Aktion war daher die bis heute bekannte Fällung der Donar-Eiche im Frühjahr 723.

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Bonifatius fällt Donar-Eiche – Grafik: G. M. Ehlert

Bei Geismar verehrten die Heiden eine uralte Eiche,
die dem Kriegsgott Thor geweiht war,
die sogenannte Donar-Eiche.
Bonifatius nahm eine Axt und fällte den Baum.
Die herbeigeeilten Heiden und Götzenpriester
warteten gespannt

auf die Reaktion ihres „Gottes“,
doch nichts geschah.
Bonifatius ließ aus dem Holz der Eiche
eine Kapelle erbauen
und weihte sie Petrus.

Viele Heiden ließen sich daraufhin taufen.

Die weltliche Macht der Karolinger stellte sich jedoch seinem Plan, eigene Bistümer zu gründen, in den Weg.
So wandte Bonifatius sich erneut an Rom.

III. Bonifatius – päpstlich abgesandter Kirchenreformer

Das Wirken von Bonifatius erhielt im Jahr 732 neue Bestärkung durch die Ernennung zum „Missionserzbischof“ durch Papst Gregor III. verbunden mit dem Auftrag, für das rechtsrheinische Missionsgebiet Bischöfe zu weihen.

Bei einer dritten Romreise 737/38 ernannte Papst Gregor III. ihn zum päpstlichen Legaten für Germanien mit dem Auftrag, der Kirche in Bayern, Alamannien, Hessen und Thüringen eine kanonische Ordnung zu geben.

Die Gründung der Bistümer Regensburg, Passau, Würzburg und Erfurt sowie Eichstätt gehen auf ihn zurück, bestehende Bistümer wie Freising und Salzburg ordnete er neu und unterstellte sie fester der römischen Autorität, damit sie so unabhängiger von den weltlichen Herrschern seien.

In einem langen Brief an Papst Zacharias, der seit 741 amtierte,
hatte Bonifatius 742 um Weisung und Rat
für die Durchführung einer Kirchenversammlung gebeten

und geklagt:
„Größtenteils sind Bischofssitze in den Städten habgierigen Laien zum Besitz
oder ehebrecherischen, dem Gelderwerb frönenden Geistlichen
zum weltlichen Genuss ausgeliefert.“

Er war maßgeblich auch an der für die Kirchenreform entscheidenden Synode, dem „Concilium Germanicum“, 743 oder 744, beteiligt, das die Kirche Germaniens zu einem Metropolitanverband zusammenschloss.

Dies kann sicherlich als machtvoller Höhepunkt des Wirkens Bonifatius gesehen werden. Mit geduldiger Zähigkeit reformierte Bonifatius die verwilderte fränkische Reichskirche. Zwei Punkte sind bleibend wichtig: a) alle Klöster übernahmen die Benediktinerregel; b) alle Bischöfe verpflichteten sich zur Treue gegenüber dem Papst.

Im Jahr 744 gründete Bonifatius sein Lieblingskloster Fulda als „benediktinisches Musterkloster“.

IV. Bonifatius – letzten Jahre

Bonifatius hatte mit seiner umfangreichen Tätigkeit einen entscheidenden Beitrag zur engen Anbindung der Kirche des Frankenreiches an Rom geleistet. Was er vorbereitet hatte, entwickelte eine Eigendynamik, die letzten Endes Bonifatius immer mehr an den Rand treten ließ. Sicher war seine strenge und geradlinige Art bei den Mächtigen nicht immer gern gesehen. Sie verbanden mit dem Werk, das Bonifatius vorbereitet hatte, ihre eigenen politischen Interessen.

Auf einer Synode von 745 wurde Köln als Metropole des Ostfrankenreiches und als Bischofssitz des Bonifatius bestimmt. Die fränkische Opposition jedoch leistete Widerstand und verhinderte dies.

„Man hielt ihn des Bischofsamtes in Köln nicht für würdig,
weil er ein Fremder war.“
(so schreibt der Hl. Liudger)

Bonifatius erhielt im Jahr 747 stattdessen das Bistum Mainz. Doch er konnte sich nur wenig mit diesem Bistum anfreunden.
Nach Willibrords Tod (739) war auch Utrecht der Aufsicht des Bonifatius unterstellt worden. So wandte Bonifatius sich im hohen Alter von fast 80 Jahren noch einmal seinem Anfang zu und reiste mit etwa 50 Mönchen 753 nach Utrecht und dann 754 missionierend durch Friesland.

Gleichsam in Vorausahnung seines bevorstehenden Todes packte er in Mainz mit seinen Büchern auch ein Leichentuch ein und schrieb an seinen Schüler und Nachfolger auf dem Mainzer Bischofsstuhl, Bischof Lullus:

»Ich möchte das Vorhaben dieser Reise zu Ende führen;
ich kann keinesfalls auf den Wunsch abzureisen verzichten.
Der Tag meines Endes ist nahe, und der Zeitpunkt meines Todes rückt näher;
sobald der Leichnam begraben ist, werde ich aufsteigen,
um den ewigen Lohn zu empfangen.
Aber du, geliebter Sohn,
rufe unermüdlich das Volk aus dem Wespennest des Irrtums zurück,
vollende den Bau der bereits begonnenen Basilika von Fulda
und bestatte dort meinen in langen Lebensjahren alt gewordenen Leib«
(Willibald, Vita S. Bonifatii, ed. cit., S. 46).

In Friesland, wo Bonifatius knapp 50 Jahre zuvor sein missionarisches Wirken auf dem Festland begonnen hatte, sollte er es auch beschließen. Am Osterfest waren in Dokkum etliche Friesen getauft worden. An einem der Pfingsttage sollte die feierliche Firmung stattfinden, die Bonifatius selbst halten wollte.
Während er am 5. Juni 754 in Dokkum im Freien die heilige Messe feierte, drang eine bewaffnete Meute von Friesen hinzu.

Als seine Begleiter sich und ihn verteidigen wollten,
»verbat er den Seinen zu kämpfen und sagte:
›Lasst ab, liebe Söhne, von den Kämpfen, gebt den Krieg auf,
denn das Zeugnis der Schrift ermahnt uns, nicht Böses mit Bösem,
sondern Böses mit Gutem zu vergelten.
Nun ist der seit langem ersehnte Tag,
der Zeitpunkt unseres Endes gekommen;

habt Mut im Herrn!‹«
(Willibald, Vita S. Bonifatii, ed. cit, S. 49–50).

Diese Worte werden als seine letzten Worte überliefert, bevor er mit seinen Gefährten unter den Schlägen der Angreifer zusammenbrach.
Es heißt, dass Bonifatius schützend eine Evangelienhandschrift über sein Haupt gehalten habe.

In einem feierlichen Zug wurde der Leichnam von Bonifatius zuerst nach Utrecht, dann nach Mainz und schließlich in seine Lieblingsstiftung Fulda übertragen und dort beigesetzt, so, wie es seinem eigenen Wunsch entsprach.

V. Bonifatius – „Apostel der Deutschen“

Bonifatius war mit seinem glühenden Eifer für das Evangelium der größte der angelsächsischen Festlandsmissionare, eine der bedeutenden abendländischen Schlüsselfiguren, der Wegbereiter der christlichen Völkergemeinschaft Europas.
Seine Bedeutung liegt weniger in der Missionierung Deutschlands – der Ehrenname „Apostel Deutschlands“ ist ihm erst im 16. Jh. gegeben worden – als vielmehr in seiner reformierenden und organisatorischen Tätigkeit und in der Konsequenz, mit der er das nach-antike Denken in Stammesstrukturen überwunden hat, indem er die fränkische Kirche zur Gemeinschaft aller Christen geöffnet hat durch seine enge Verbindung mit Rom und dem Papst.

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Gedanken – Meditationen – Einblicke

Georg Michael Ehlert

(c) G. M. Ehlert

Stand: 24.05.2019