Der Brief des Judas
ist der letzte der sieben sog. „Katholischen Briefe“ im Neuen Testament.
Fiktives Gespräch mit dem Verfasser des Jakobusbriefes
Judas, Du hast den Brief verfasst, von dem der Kirchenvater Origenes treffend sagt:
„Wenige Zeilen, aber reich an kräftigen Worten der göttlichen Gnade“.
Wer bist Du?
Ich bin Judas, der Bruder des Jakobus (Lk, 6,16; Apg 1,14); ein Sohn des Alphäus (Lk 6,16), und somit ein Verwandter Jesu. Maria, die Mutter des Herrn, ist meine Tante. Auch ich bin einer, der in den Kreis der Apostel gerufen wurde.
Ich habe noch weitere Brüder, Joses und Simon (Mt 13,55; Mk 6,3).
Mein Bruder Jakobus war bekannter als ich, er wurde auch als der „Herrenbruder“ bezeichnet und war zusammen mit Petrus und Johannes einer der drei Säulen der Gemeinde in Jerusalem (Gal 2,9).
Daher werde ich auch als Judas, der Bruder des Jakobus (Lk 6,16) bezeichnet – übrigens auch in Abgrenzung von Judas Iskariot, der zum Verräter unseres Herrn Jesus geworden ist.
Leider ist der Name Judas belastet (so wie bei euch auch der Vorname „Adolf“ durch Adolf Hitler belastet ist).
Was hat Dich veranlasst, diesen Brief zu schreiben, der als letzter der sogenannten „Katholischen Briefe“ ein Bestandteil unserer Bibel geworden ist?
Von je her ist die Schönheit, Güte und Wahrheit unseres Glaubens an Jesus, den Erlöser, gefährdet – von außen wie von innen.
– Durch äußere Feinde und Bedrohungen: in meiner Zeit waren es die römischen Besatzer und fanatisierte Juden, die uns als neuartige Sekte bekämpften.
– Gefährlicher aber ist die bleibende Gefährdung von innen: nämlich, dass sich Erschlaffung, Verweltlichung und Verfälschungen in unserem Leben aus dem Glauben ausbreiten. Das gibt es vermutlich auch bei euch…
Dies habe ich in verschiedenen Gemeinden erkannt, die sich in ihren Häusern regelmäßig zu den „Agapen“ – d.h. Liebesmählern versammelten.
Ich sah mich veranlasst, in meinem Brief über die gemeinsame Errettung durch Jesus Christus dazu aufzurufen, den Kampf, d.h. die aktive Auseinandersetzung mit denen, die sich eingeschlichen haben und wie ein Spaltpilz wirkten, zu führen.
Dazu habe ich denen, die in dieser Gefährdung sind, einige Hilfen an die Hand geben wollen:
– die Basis ist die ein- für allemal überlieferte Botschaft vom Heil,
– die allen Heiligen, d.h. allen, die zu Christus sich bekennen, anvertraut ist;
– dies ist die Grundlage und Kraft unseres Glaubens.
Zusammenfassen lässt sich meine Botschaft so:
Die von Gott Geliebten, Bewahrten und Berufenen sind herausgefordert:
Unglaube, Rebellion und Unmoral aufzudecken
und durch ihr gemeinsames Leben aus einem liebevollen Glauben zu überwinden;
jedoch die Verurteilung der Übeltäter Gott allein zu überlassen.
Aber nun lest erst einmal selbst die 25 Verse meines Briefes – so als wäre er für euch geschrieben, damit ihr erkennt, wo sich in eurem Leben aus dem Glauben Unglaube, Rebellion oder Unmoral eingeschlichen haben…
- zum Text Jud 1-25 in einer Übersetzung von G. M. Ehlert
Mir ist beim Lesen und Nachdenken und Meditieren Deines Briefes… (jetzt fange ich auch schon an, wie Du „Dreiklänge“ zu verwenden… – Du warst wohl ein Liebhaber solcher Trilogien…) jedenfalls mir ist aufgefallen, dass Du Deine Gegner nicht direkt ansprichst, sondern nur die, welche Du dreimal 😉 als „ihr Geliebten“ bezeichnest. Warum?
Das Gespräch mit den jeweiligen Gegnern müssen wir persönlich führen.
Dazu sind meine Gedanken zu allgemein.
Jedoch sind es m.E. diese drei Grundbereiche, welche uns Menschen oft gefährden.
Auch Jesus musste sich bei seinen Versuchungen in der Wüste damit auseinandersetzen (Mt 4,1-11):
- Eine erste grundlegende Frage ist: Wovon leben wir?
Die Gefährdung ist, alles sich dienstbar machen zu wollen: „Mach aus diesen Steinen Brot… – sorge selbst für die Befriedigungen deiner (auch sexuellen) Bedürfnisse.
Ich bezeichnete diesen Bereich in meinem Brief mit den Worten:
„in Ausschweifung verkehren sie die Gnade Gottes“;
„Sodom u. Gomorra…“;
„sie beflecken Fleisch“,
die Handlungsweise Kains;
sie sind „Unzufriedene“
Menschen „lassen sich von ihren Begierden leiten“ und sind so „irdisch gesinnte Menschen“. - Eine zweite Grundfrage ist: Wem können wir vertrauen?
Die Gefährdung dabei ist es, sich selbst (oft auf Kosten anderer) Ansehen verschaffen zu wollen: „Wenn du Gottes Sohn bist, stürz dich von der Zinne des Tempels hinab…“
Ich bezeichnete diesen Bereich mit den Worten: „den allgemeinen Gebieter (= Jesus Christus) verleugnen sie“;
ich erinnere an die Geschichte, wo sich Engel herabließen, um mit Menschen zu verkehren;
die gottgewollte „Herrschaft heben sie auf“;
sie handeln wie Korach,
sie sind „Murrende“
„nehmen übermäßige Worte in den Mund“;
sie verursachen Spaltung. - Eine dritte entscheidende Frage ist: Vor wem gehen wir in die Knie – wen beten wir an?
Die Gefährdung ist, selbst wie Gott sein zu wollen – alle Reiche zu beherrschen…
Ich nenne solch ein Verlangen „gottlos“.
Ich erinnere daran, dass Leute aus dem auserwählten Volk nach der Erfahrung des befreienden Auszuges aus Ägypten ein selbstgemachtes Kalb anbeteten –
sie „spielen“ mit Gottes Segen wie Bileam…
sie sind „Gottlose“;
sie „schmeicheln aus Eigennutz“
sie „besitzen nicht den Geist“.
In eurer Zeit kämen sicherlich die Worte „sexueller Missbrauch“, „Machtmissbrauch“ u. „spiritueller Missbrauch“ im Raum der Kirche hinzu.
Überrascht war ich beim Lesen Deiner Schrift, dass Du im letzten Teil Deines Briefes von diesen „Geliebten“ nicht erwartest, dass sie sich von den Gegnern trennen oder gar selbst deren Bestrafung übernehmen. Sie sollen sich vielmehr aller erbarmen und zu retten versuchen. Glaubst Du, dass die „Gottlosen“ sich bekehren?
Ich selbst habe Jesus bewundert, wie er es mit seinem Gegner, dem Judas Iskariot, in seiner Gemeinschaft ausgehalten hat. Jesus muss doch schon länger gewusst haben, welche Bosheit in ihm steckt.
Sich von irrigen Ansichten anderer abgrenzen und verkehrte Lebensweise ablehnen: Ja! Andere aber vom Heil ausgrenzen wollen: Nein! – Man darf die Hoffnung nie aufgeben. Durch überzeugende Gedanken und vor allem durch eine glaubwürdige eigene Lebensweise der Gemeinde andere zur Umkehr zu bewegen, ist aller Mühe wert.
Oder wie es mein Bruder Jakobus formuliert hat:
„Wer einen Sünder, der auf einem Irrweg ist, zur Umkehr bewegt, rettet ihn vor dem Tod und deckt viele Sünden zu.“ (Jak 5,20)
Aus Deinen Brief, Judas, – habe ich ein Wort meines Namenspatrons, des Erzengels Michael besonders behalten: „Gott, der HERR möge abschätzen dich!“ – oder anders übersetzt: „Der HERR weise dich in die Schranken!“
Danke dir auch für das Gespräch mit den wertvollen Impulsen zum Nachdenken, beten und im eigenen Leben zu beherzigen.
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Eine Grafik zum Brief des Judas:

Grafik zum Judasbrief von G. M. Ehlert, 12. Mai 2023
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Stand: 13. Mai 2023