3. Sonntag der Fastenzeit (11. März 2012)
Evangelium: Johannes 2,13-25: Von der Tempelreinigung Jesu
Evangelientext (Joh 2,13-25) – Übersetzung G.M. Ehlert:
2,13 Und nahe war das Pas-cha der Juden
und Jesus stieg hinauf nach Jerusalem.
14 Und er findet in dem Heiligtum die Verkäufer
von Rindern und Schafen und Tauben
und die Geldwechsler,
sich dort aufhaltend.
Der „Vorhof der Heiden“ war der Bezirk des Tempels,
bis zu dem Nichtjuden gelangen konnten,
die den Gott Israels verehren wollten.
Zu der Zeit Jesu konnten jüdische Fromme dort
ihre heidnisch-römische Währung
in alt-hebräische Münzen wechseln.
Die brauchten sie zum Bezahlen
der Tempelsteuer und zum Kauf der Opfertiere.
Aus dem „Ort des Gebetes für alle Völker“
war ein Wirtschaftsbetrieb geworden,
von dem die Tempelaristokratie profitierte.
15 Und anfertigend eine Peitsche aus Stricken
allesamt warf er heraus aus dem Heiligtum –
auch die Schafe und die Rinder,
und er schüttete aus die Münzen der Wechsler,
und die Tische stieß er um.
16 Und zu den Taubenverkäufern sprach er:
„Erhebt das weg von hier.
Macht das Haus meines Vaters
nicht zu einem Haus des Geschäftes.“
vgl. Sach 14,21 (LXX), wo vom „Tag des Herrn“ die Rede ist:
„Und es wird kein Krämer [Χαναναῖος] mehr sein
im Haus [οἶκος] des allherrschenden Herrn an jenem Tag“
17 Seine Jünger erinnerten sich,
dass geschrieben ist:
„Der Eifer um dein Haus wird mich verzehren.“ (Ps 69,10)
18 Es antworteten nun die Juden
und sprachen zu ihm:
„Welches Zeichen hast du uns vorzuweisen,
dass du solches machen darfst?“
19 Es antwortete Jesus und sprach zu ihnen:
„Löst auf diesen Tempel
und in drei Tagen werde ich ihn (wieder) auferstehen lassen.“
20 Es sprachen nun die Juden:
„Sechsundvierzig Jahre (lang) wurde aufgebaut dieser Tempel
und du willst ihn in drei Tagen auferstehen lassen?“
Der Hinweis auf die Tatsache,
dass bereits seit 46 Jahren
an dem herodianischen Tempel gebaut wird
(Ausbaubeginn: 20/19 v. Chr.),
lässt das hier geschilderte Ereignis
auf das Pas-chafest im Jahr 27 oder 28 terminieren.
21 Jener aber redete von dem Tempel seines Leibes.
22 Als er nun auferstanden war aus/von den Toten,
erinnerten sich seine Jünger,
dass er dies gesagt hatte,
und sie glaubten der Schrift
und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte.
23 Während er aber in Jerusalem
zu dem Pas-cha war,
bei den Feierlichkeiten,
wurden viele glaubend an seinen Namen,
schauend seine Zeichen, die er machte.
24 Jesus selber aber setzte seinen Glauben nicht in sie,
weil er alle erkannte,
25 und weil er es nicht notwendig hatte,
dass jemand Zeugnis über den Menschen gäbe,
hatte er doch selber erkannt,
was im Menschen war.
- Tempel = Heiliger Ort
Viele Religionen kennen sogenannte „Heilige Orte“ (an denen oft ein Tempel gebaut wird) = als Orte, wo die Gottheit als besonders nahe erfahren wird.
Biblisch wird in der Geschichte vom Jakobstraum zum ersten Mal ein solcher „heiliger Ort“ erwähnt: Jakob salbt den Stein, wo er den Himmel offen gesehen hat.
Tempel in Jerusalem = Ort des offenen Himmels…
– Tempel in Jerusalem = der Ort, wo (der Name) Gottes wohnt…
– Tempel = „Ort, wo der Himmel für die Menschen offen ist“
Eine solche orts(gebundene) Heiligkeit kennen alle Religionen
- Jesus = der „Tempel Gottes“
– Jesus „durchkreuzt“ diese Vorstellung mit seinem Wort bei der „Tempelreinigung“ in Jerusalem: „Reißt diesen Tempel nieder und ich werde ihn in drei Tagen wieder aufbauen“ Joh. ergänzt: „Er meinte den Tempel seines Leibes“
Eine solche personengebundene Heiligkeit ist einzigartig im Christentum. D.h. da, wo Christus ist, da ist der „Ort“, wo der Himmel für die Menschen offen ist.
- „Ihr seid der Tempel Gottes…“
Der Tempel Gottes ist – nach der Auferstehung Christi – für die Christen dort, wo Christus als gegenwärtig erfahren wird.
Paulus führt diese Gedankenlinie konsequent weiter:
– „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben. Denn Gottes Tempel ist heilig und der seid ihr.“ (1 Kor 3,16-17)
– Und im Matthäusevangelium heißt es: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20)
– Und im 1. Petrusbrief: „Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus auferbauen“ (1 Petr 2,5)
D.h. die Versammlung der Christen in Jesu Namen wird zum „Ort“, wo der Himmel für die Menschen offen ist.
- Folgerungen:
– Der Tempel Gottes ist heilig! – Daher gilt in allen Religionen: Wer den Tempel schändet oder zerstört, der greift Gott selbst an. Der religiöse Mensch sieht sich verpflichtet, dies im Namen Gottes zu rächen.
– Nicht so im Christentum: Wenn einer ein Kirchengebäude zerstört, dann kommt er vielleicht vor ein weltliches Gericht – aber hat keine Religionsstrafe zu erwarten.
– Anders, wenn ein Mensch (der ja ein Ebenbild Gottes ist) misshandelt oder ermordet wird, dann ist das auch vor der Kirche eine schwere Sünde.
– Wenn der Mensch „der Ort ist, wo Gott wohnt“, dann ist der Einsatz für die Menschenrechte wahrer Gottesdienst! „Was ihr dem Geringsten meiner Schwestern u. Brüder getan habt, das habt ihr mir getan!“
Das Evangelium von der Tempelreinigung Jesu stellt mich vor die Frage:
Wo bedarf unser „Lebenshaus“ der Reinigung, damit es wahrhaft ein „Tempel des Heiligen Geistes“ sein kann?
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